Vor etwa einem Jahr habe ich meinen Erfahrungsbericht zum ersten Semester veröffentlicht. Seitdem habe ich natürlich weiterstudiert, jedoch kam viel dazwischen und nun kommen die weiteren Berichte, wenn auch etwas verspätet 🙂
Im zweiten Semester ging es direkt mit der Anatomie der inneren Organe los. Im Präparierkurs zum ersten Mal ein Herz in der Hand zu halten war wirklich faszinierend. Während im Prometheus beispielsweise die Lunge einem als Organ mit prächtiger Größe präsentiert wurde, war man im Präpsaal ziemlich darüber erstaunt, wie kompakt die Organe in Wirklichkeit sind (natürlich individuell unterschiedlich) und darüber verwundert, wie es denn möglich sei, dass so viele Nerven, Gefäße, Lymphknoten, Organe und deren Häute auf so engem Raum miteinander harmonieren können. Im Gegensatz zur Anatomie des Bewegungsapparats, lernt man hier endlich etwas mehr über die Organsysteme und deren Funktionalität. Hierzu habe ich standardmäßig den Prometheus benutzt, da ich die Abbildungen sehr mag. Generell empfehle ich es mit vielen Bildern zu lernen, und wenn man Lust hat auch ruhig mal ein paar Zeichnungen anzulegen, das hat mir bei der räumlichen Vorstellung sehr geholfen. Die Prüfer stehen nämlich sehr auf Topografie, und ohne Bilder kann man diese kaum lernen. Für gute Zusammenfassungen empfehle ich auch Endspurt oder Medilearn. Für die Zugfahrten hatte ich immer die Smartmedix-Lernkarten dabei, die fand ich immer super zum wiederholen und Facts auswendiglernen. Ich habe mir prinzipiell zu jedem Thema eigene Lernzettel angelegt, ich gehöre da auch zu den Leuten, die beim Schreiben lernen.Diesen Teil der Anatomie empfand ich im nachhinein als sehr angenehm, man konnte sich einfach von Organsystem zu Organsystem durcharbeiten. Der histologische Teil hingegen war sehr groß. Als Nachschlagwerk habe ich den Lüllmann-Rauch gerne benutzt, ansonsten stand uns von unserer Uni ein Histologieskript zur verfügung und die dazugehörige Website mit mikroskopischen Bildern.
Im zweiten und dritten Semester hatten wir Biochemie und Physiologie, jeweils mit Praktika und Seminaren. Die beiden Fächer sind neben der Anatomie die großen und teilweise auch gefürchteten Parts der Vorklinik. Sie sind quasi die Fortsetzund der Chemie und Physik, nur tausend mal spannender. Anfangs war mein Respekt vor ihnen auch groß, so viel Stoff und diesmal muss man es auch noch verstehen mit Formeln und allem drum und dran. Aber eigentlich ist genau das das coole, denn es ist kein stures Auswendiglernen und wenn man den Inhalt versteht kann man ihn gleichzeitig viel leichter Abrufen und anderen Menschen erklären. Zur Physiologie: Im Prinzip lernt man hier physikalische Vorgänge der Zellen, Gewebearten und Organe. Dies kann man in viele Themengebiete unterteilen: Herz- und Kreislauf, Niere und Wasserhaushalt, Verdauungstrakt (GIT), Thermoregulation, Leistungs-, Neuro-, Muskel- und Sinnesphysiologie (um mal die wichtigsten genannt zu haben). Ich habe mich irgendwie immer geweigert hierfür ein richtiges Lehrbuch zu benutzen, da diese mich mit ihren 1000 Seiten eher eingeschüchtert haben. An unserer Uni waren der Silbernagl und der Schmidt-Lang Standard. Diese sind sicherlich als Nachschlagwerk gut geeignet, wenn mal das Kurzlehrbuch oder das Skript nicht ausreicht. Bei uns gab es auch ein sogenanntes Studentenskript, eine gute Zusammenfassung mit allem, was unsere Profs hören wollten. Wir mussten nämlich alle zwei Wochen für die Seminare 5-6 Referate vorbereiten und man konnte sich entweder freiwillig melden oder es wurden Namen gezogen. Ansonsten kann ich mal wieder Endspurt empfehlen. Für die Klausur habe ich mir dann die Smartmedix-Karten zum wiederholen gekauft. Ansonsten hatte ich meine Notizen für die Seminare und bei manchen komplizierteren Themen half im Notfall sogar YouTube. Am Ende konnte ich mich mit der Physiologie sehr gut anfreunden, man hat endlich verstanden wie der Körper funktioniert. Außerdem ist das Physiologiepraktikum auch ganz gut, um eigene Pathologien aufzudecken, bei mir war es das Auge-Praktikum, indem ich gemerkt habe, dass ich durch das Studium ziemlich kurzsichtig geworden bin.
Einen noch tieferen Einblick in die Vorgänge unseres Körpers kann die Biochemie liefern. Hier lernt man so ziemlich alles, was in den Zellen so an Stoffwechselwegen abläuft. Diesen sehr tiefen und logischen Einblick finde ich immer wieder auf’s neue faszinierend. Da kann man sich echt dumm und dämlich lernen, angefangen beim Citratzyklus, den man eventuell schon aus der Schulzeit kennt, bis hin zum Harnstoffzyklus ist alles dabei. An unserer Uni wurde viel Wert auf den Müller-Esterl gelegt, dessen Inhalte auch bei mündlichen Testaten gerne abgefragt wurden. Ich kam nicht immer mit dem Schinken klar, weshalb ich hier auch oft auf das Thieme Kurzlehrbuch zurückgegriffen habe. Zum wiederholen für die Klausur fand ich Medilearn sehr gut und auch die Smartmedix-Lernkarten. Generell hat es mir immer geholfen, die vielen Stoffwechselwege mehrmals aufzuzeichnen, das muss nicht mal schön aussehen, hilft aber ungemein. Auch hier gilt: nicht von der riesigen Stoffmenge einschüchtern lassen, irgendwann hat man da den Dreh raus und dann macht es sogar Spaß. Und was man spätestens im Biochemiepraktikum lernt ist das Pipettieren 😀
Was jetzt noch fehlt ist die Neuro- und Kopf-/Halsanatomie. Der mit Abstand komplexeste und größte Teil der Anatomie. Ich hatte diesen Kurs im 3. Semester parallel zur Neurophysiologie und einem Wahlpflichtfach (das wohl paradoxeste Wort aller Zeiten). Mein Fach Neurochirurgie passte hier ziemlich gut rein, auch wenn es ziemlich stressig war alle drei Sachen unter einen Hut zu bringen. Hier durfte man also im Präpkurs zum ersten Mal ein Gehirn in der Hand halten. Nach einigen Tagen wurde das Gerhin dann geteilt, zuerst im sogenannten Mediosagittalschnitt (quasi in der Mitte durch) und anschließend noch in Frontal- und Horizontalschnitten. Wir hatten also knapp 4 Wochen Zeit, um diesen großen Stoffbatzen zu lernen. Hier wurde das Neuroanatomiebuch Trepel sehr geschätzt, wobei ich hier vor allem die Hirnnerven sehr gut erklärt fand. Auch der Prometheus durfte bei mir nicht fehlen, sowie auch Endspurt und Smartmedix. Was ich in der Neuroanatomie immer kompliziert fand, ist die räumliche Vorstellung aller Strukturen zueinander. Man lernt nämlich Großhirn, Zwischenhirn, Hirnstamm, Kleinhirn, Ventrikelsystem, etc. jeweils als einzelne Lerneinheiten und ich hatte dann Schwierigkeiten in meinem eigenen Gehirn alles zu einem Gesamtbild zusammenzusetzen. Ich habe quasi den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr gesehen. Hierfür habe ich eine Website als hilfreich empfunden, die einem das Gehirn als 3D-Modell darstellt. Für mich war dieser Anatomieteil der faszinierendste und gleichzeitig der anspruchsvollste. Anfangs war ich durch diese Komplexität verunsichert, aber je mehr ich mich damit beschäftigt habe, desto einfacher und schöner wurde es. Für die tausend Schädeldurchtrittsstellen ist es hilfreich sich diese am Schädelmodell anzuschauen. Aber auch Prometheus hat hier gute Abbildungen und mit ein paar Merkhilfen ist auch das machbar.
Das hier sind die tollen Facetten der Vorklinik. Jedes mal auf’s neue dieses Gefühl der Faszination und gleichzeitig der Grund, wieso man noch um ein Uhr morgens am Schreibtisch sitzt und sich das alles antut.