Semester n° 4 und Physikum

Ende April diesen Jahres war es wieder soweit, die Semesterferien gingen zu Ende, das Pflegepraktikum endlich abgehakt und hinein in das allseits gefürchtete 4. Semester. Denn das hieß, zumindest an unserer Uni, vor allem eines: Die Vierer-Klausur. Klingt irgendwie gar nicht mal so Angst einflößend, aber bei uns musste man diese bestehen, um das Physikum (das erste Staatsexamen, auch bekannt als M1-Prüfung oder erste ärztliche Prüfung) schreiben zu dürfen. Hierzu musste man den gesamten Stoff aus der Anatomie, Physiologie, Biochemie und medizinischen Psychologie und Soziologie beherrschen. Also quasi alles, was im Physikum gut Punkte bringt. Einerseits war das ziemlich stressig, andererseits aber schon mal eine gute Vorbereitung für das Physikum. Die Lernerei hierfür begann also schon gegen Anfang Mai und hielt dann bis zum Ende und hoffentlich Bestehen des Physikums an, also im Prinzip ein Lernmarathon von Mai bis September. Aber da wir ja erst mal die Vierer-Klausur bestehen mussten, wurde bis Juli erst mal dafür gepaukt. Dafür hatte ich mir einen Lernplan erstellt, indem ich die hübschen Kalender-Prints von Pearodie dafür genutzt habe. Da man 4 große Fächer lernen musste, habe ich es bevorzugt diese auch gleich parallel zu lernen, das heißt z.B. am Montag und Dienstag die Anatomie der oberen Extremität, am Mittwoch und Donnerstag dann den Kohlenhydratstoffwechsel und am Am Wochenende noch die Physiologie des Herzen. Und so ging das dann bis Juli Woche für Woche weiter, bis die Deadline immer näher kam. Da ich in den Semestern davor immer Lernzettel angefertigt hatte, habe ich diese dann auch zum Wiederholen benutzt, wobei ich auch oft auf die Endspurts und Smartmedix-Lernkarten zurückgegriffen habe, da die Vierer-Klausur in Hinsicht auf das Physikum sowieso IMPP-orientiert war. Natürlich hatten wir in dieser Zeit auch Seminare in den Fächern Anatomie, Biochemie und PsychSoz und noch das restliche Physiologiepraktikum. Die Seminare dienten dazu den schon ein Mal gelernten Stoff zu wiederholen und gegebenenfalls zu vertiefen, indem man meistens Referate vorbereiten musste (was meiner Meinung nach nicht die sinnvollste Methode ist, aber okay). Wir mussten also quasi schon Monate vor dem Physikum den Physikumsstoff können, um das Physikum schreiben zu dürfen (klingt jetzt irgendwie komplizierter als es ist). Einerseits sinnvoll in Hinsicht auf das Physikum, andererseits mega nervig, wenn man z.B. durch die Wiederholungsklausur fällt und dann mindestens ein Semester verliert. Aber die Uni muss nun mal Studenten aussortieren, und das funktioniert nur über’s Leute durchfallen lassen. Naja, lange Rede, kurzer Sinn, die Vierer-Klausur war bestanden, nachdem man von morgens bis mittags 4 Klausuren an einem Tag schreiben musste, und dann ging die Lernerei erst so richtig los.

Das schriftliche Physikum wird an zwei aufeinanderfolgenden Tagen geschrieben, wobei an Tag 1 die Fächer Physik + Physiologie (80 Multiple-Choice-Fragen) und Chemie + Biochemie (80 MC-Fragen) geprüft werden und an Tag 2 dann die makroskopische und mikroskopische Anatomie + Biologie (100 MC-Fragen) und PsychSoz (60 MC-Fragen). DSC_0431Hierfür habe ich den 30-Tage-Lernplan vom Thieme-Verlag ausprobiert. Dieser beinhaltete 30 Tage mit ausgewählten Lernmodulen, die man idealerweise in viamedici online lernen kann oder auch in den Endspurts wiederfindet. Nach diesen 30 Tagen Lernerei und Kreuzerei kommen noch 8 Tage für Generalproben der letzten 4 Examina. Ich hatte mir dafür das viemedici Abonnement gegönnt, da ich schon einen Unizugang für examenonline hatte. Falls ihr diesen oder einen anderen Lernplan machen wollt, wie den von medilearn oder Amboss, empfehle ich es, soweit es möglich ist, trotzdem früher anzufangen, als es der Lernplan vorgibt. Oder man ist ganz schlau und stellt sich einfach seinen eigenen zusammen, der um einiges realistischer konzipiert ist, als die fertigen Pläne. Denn mir ging es mit dem Thieme-Lernplan sehr oft so, dass ich nicht das komplette Tagespensum geschafft habe, da ich den Stoff erstens gründlich wiederholen wollte und zweitens manchmal abends auch mal meine Freunde sehen wollte. DSC_0420Und wenn ich so ein Tagespensum inklusive Kreuzsession schaffen wollte, saß ich echt von morgens bis 1-2 Uhr in der Nacht am Schreibtisch (mit Pausen zwischendrin natürlich). Und auf Dauer ist dieser Stress echt sehr belastend, deshalb sollte man so früh wie möglich anfangen, um genug Puffertage zu haben und sich auch mal lernfreie Tage gönnen kann. Denn die hatte ich leider kaum und das hat gegen Ende der Prüfungsphase Körper und Geist ziemlich strapaziert. Mein größter Tipp: Fangt so früh wie möglich an! Und falls ihr ’nur‘ den 30-Tage-Plan schafft, dann lasst euch nicht von den immensen Stoffbatzen einzelner Lerntage unterkriegen, irgendwie schafft man das am Ende trotzdem, wenn auch ohne 1er Physikum (ich frage mich generell wie es möglich ist eine 1 zu schaffen…). Und noch ein Tipp: Viele Studenten, mich eingeschlossen, haben oft sehr hohe Anforderungen an sich selbst. So von wegen „Ein gutes bis sehr gutes Physikum wäre ja schon toll…“. Aber bitte tut mir einen gefallen und macht euch da nicht so einen Druck. So lange ihr später nicht unbedingt in die Forschung wollt, muss man sich seine Nerven damit nicht kaputt machen (außer man ist sowieso ein krasses Genie und schafft das mit links), und spätestens wenn man gemerkt hat wie viel Stoff das alles ist, schraubt man seine Erwartungen an sich selbst sowieso herunter und passt sie an die harte Realität an. Denn alles andere ist am Ende oft eher sehr ernüchternd. Und umso schöner die Freude, wenn es trotz verlorener Hoffnung dann gut lief, oder?

DSC_0416Vor dem schriftlichen Physikum war ich relativ wenig aufgeregt. Mein Sympathikus war zwar die Nacht davor wieder sehr aktiv, sodass ich nur ein paar Stunden Schlaf abbekommen habe, aber Adrenalin regelt das dann schon während der Prüfung. Als es dann nach dem zweiten Tag des schriftlichen Teils endlich vorbei war, hab‘ ich mir dann auch einen komplett lernfreien Tag genommen. Ja, leider nur ein freier Tag, da ich danach nur noch 10 Tage Zeit hatte, um mich mit meiner Gruppe auf die mündliche Prüfung vorzubereiten. Vor dieser hatte ich 100 Mal mehr Angst als vor der schriftlichen, einfach weil man sich hier viel mehr blamieren kann. Das war zumindest meine Horrorvorstellung dazu. Nun ging es darum, das Gelernte auch aktiv wiedergeben zu können. Und je strukturierter und stotterfreier man auf die Fragen der Prüfer antworten kann, desto besser dann auch die Endnote. Im mündlichen Physikum wird man in den 3 großen Fächer Anatomie, Physiologie und Biochemie geprüft. In einem dieser 3 Fächer hat man eine praktische Prüfung, das wäre dann in der Anatomie das Mikroskopieren von histologischen Präparaten, in der Biochemie z.B. diverse Stoffwechselvorgänge aufzuschreiben oder Versuche aus dem Praktikum erklären zu können und in der Physiologie beispielsweise Aufgaben zu verschiedenen Themen anhand von Graphiken zu lösen. Der ganze Spaß ist leider oft ziemlich Prüferabhängig (wie so oft im Leben) und auch davon, wie man generell mit mündlichen Prüfungen klarkommt. Außerdem kann man sich an den meisten Unis Altprotokolle ausleihen, welche sehr praktisch sind, da die meisten Prüfer ihre Lieblingsthemen haben, die dann dementsprechend auch gerne abgefragt werden. Aber wenn man dann an dem Tisch gegenüber von 3 Prüfern sitzt, kommt man schon ganz gut in die Situation rein und nach ein paar gesprochenen Sätzen ist es gar nicht so schlimm wie in manch schlimmen Tagträumen. Es fühlt sich dann im Idealfall auch eher wie ein lockeres Gespräch zwischen Student und Dozent an. Jeder Prof prüft seinen Prüfling 15-20 Minuten. Das heißt jeder Prüfling wird insgesamt 45-60 Minuten geprüft. Wenn man in einer kompletten Vierergruppe geprüft wird, kann das also schon mal 4 Stunden dauern, bis man (hoffentlich) feiernd aus dem Unigebäude hüpfen darf. Ich hatte zumindest das Glück sehr faire Prüfer gehabt zu haben und nach ca. 3 Stunden (wir waren nur zu dritt) waren wir endlich frei. Und das Gefühl danach war sehr schön, es fiel uns einfach eine riesen Last von den Schultern ab. Und seitdem haben wir frei, holen viel Schlaf nach, haben wieder Zeit zum kochen und backen, lesen, Netflix und alles was man sonst so in der schlimmsten Klausurenphase vernachlässigt 😀 Gegen Ende Oktober geht dann für mich der klinische Studienabschnitt los. Bis dahin wünsch‘ ich euch eine entspannte Zeit!

Buchrezension: Bachelor of Time

So ihr Lieben, es ist Zeit für eine Buchrezension. Denn ich wurde von Studienscheiss gefragt, ob ich nicht Lust hätte ihr Buch „Bachelor of Time – Zeitmanagement im Studium“ zu lesen und zu rezensieren. Nach wenigen Tagen war das Buch dann schon im Briefkasten und ich konnte beginnen es zu lesen. Kurz zum Autor selbst: Tim Reichel arbeitet u.a. als Fachstudienberater und coacht dabei Studenten, weswegen er über das Studentenleben und dessen Strapazen sehr gut bescheid weiß. Er gründete 2014 die Plattform Studienscheiss und betreibt auch seinen eigenen Blog, wo man viele nützliche Tipps für Studenten findet.

Zur Aufmachung des Buches: Es ist ein hochwertiges Hardcover, welches schlicht gestaltet ist, mit wenig Schnickschnack und Ablenkung, also auch adäquat zur Intention des Autors: weniger Herumtrödeln, ran an die Arbeit und losgeht’s: In knapp 140 Seiten wird man in die Welt des strategischen Planens und Organisierens eingeführt.

Also nun zum Inhalt: Das Buch ist in 6 Kapitel/Semester und einem Bonuskapitel aufgeteilt. Im ersten Semester lernt man, wie man sich Ziele setzt. Hierzu greift der Autor u.a. auf die SMART-Methode zurück, welche besagt, dass die festgelegten Ziele immer spezifisch, messbar, angemessen, realistisch und terminiert sein sollten.  Was aber ebenso wichtig ist, seien die Prioritäten, die man sich setzen müsse. Denn nur, wenn man seine Ziele und Aufgaben nach Priorität ordne, schafft man, laut Autor, die Klausuren oder Studienarbeiten am Ende des Semesters. Hier erläutert Tim Reichel einige sehr interessante Ansätze, zum Beispiel die „eat the frog“-Mehtode von Brian Tracy. Dies bedeutet im Prinzip, dass man immer mit der für einen als am schwierigsten empfundene  Aufgabe am Tag beginnen soll. Außerdem lernt man in diesem 2. Kapitel, wie man seine to-do Liste nach der ABC-Methode ordnen kann. Auch das Planen bekommt hier ein eigenes Kapitel, in dem man lernt, dass man langfristige Pläne schreiben soll, um diese dann bis zum Tagesplan herunterzubrechen. Die tägliche to-do-Liste kann man dann hier noch optimieren, indem man die Dauer der einzelnen Aktivitäten schätzt, und bei zu langen Listen solle man auch lernen unwichtiges einfach zu streichen. Im 4. Semester lernt man dann, wie man endlich mit dem Lernen anfängt. Für richtige Prokrastinierer, werden einige Methoden vorgestellt, wie man sich selbst austricksen kann, wie z.B. die First-Brick-Methode. Anschließend wird einem der Unterschied zwischen Effizienz und Effektivität vor Augen geführt. Ersteres bedeutet nämlich die Dinge richtig zu tun und Letzteres, die richtigen Dinge zu tun, ja da kann man schon ein Mal durcheinander kommen. Hier präsentiert der Autor die Pomodoro-Technik:  Man soll sich eine Stoppuhr auf 25 Minuten stellen. In dieser Zeit arbeitet man fokussiert an seiner Aufgabe, danach soll man sich 5 Minuten Pause gönnen. Nach drei Durchläufen soll man dann 30 Minuten pausieren. Dies sei eine sehr produktive Methode, da man sich dadurch schrittweise kleine Deadlines setzt. Im letzten Semester lernt man, wie man sich neue Gewohnheiten antrainiert. Der Autor legt hier Wert darauf, dass man es Schritt für Schritt angeht und sich nicht gleich 5 große Gewohnheiten auf ein Mal eintrichtert, was am Ende sowieso nichts bringe. Es geht ihm viel mehr darum kleine Gewohnheiten in schon vorhandene Routinen einzufädeln. Im Bonuskapitel stehen dann noch 30 motivierende Sätze, falls man mal doch eine Motivationskrise hat. Am Ende eines jeden Kapitels/Semesters stehen außerdem noch Aufgaben, die man erledigen soll, um endlich durchzustarten und weitere Lektüretipps zu den besprochenen Themen.

Meine Meinung: Ich muss ehrlich sagen, dass ich bei diesem Buch keine hohen Erwartungen hatte, da ich dachte, dass hier eher allgemeine Weisheiten, die man sowieso schon kennt, nochmal neu aufgewärmt worden sind. Beim Lesen war ich dann überrascht, dass man doch viel neues dazu lernt. Ich studiere Medizin und in diesem Studiengang wird man quasi gezwungen sich selbst ordentlich zu organisieren, weil man sonst in der riesigen Stoffmenge einfach eiskalt untergehen würde. Dies trifft sicher auch auf alle anderen Studiengänge zu. Hier ist Organisation nun ein Mal der Schlüssel zum Erfolg. Deshalb dachte ich, ich wäre schon ganz gut darin, meine Termine und Aufgaben effektiv zu planen. Aber man lernt dann doch immer dazu, vor allem zum Thema to-do-Listen schreiben (ich sag‘ nur unrealistische to-do-Listen, die kennt jeder und die demotivieren nur). Ich habe mir dann direkt beim Lesen immer mal die Sachen markiert, die ich im nächsten Semester mal Testen möchte. Generell fand ich das Buch sehr motivierend, auch wenn ich ein Mensch bin, den man recht schnell motivieren oder faszinieren kann. Da bekommt man direkt Lust loszulegen und einen neuen Planer anzufangen. Der Schreibstil ist sehr angenehm, sodass man das Buch schnell durchgelesen hat und dann direkt starten kann. Nur „doof“, dass ich im Moment doch tatsächlich mal so richtig frei habe. Aber so kann ich mich schon auf das kommende klinische Semester freuen 🙂 Ich kann das Buch also weiterempfehlen, wenn man entweder gar keine Ahnung hat wie man sein Studium organisieren soll oder wenn man, so wie ich, denkt dass man es ganz gut kann aber doch das ein oder andere noch optimieren möchte. Der Preis von fast 20€ ist vielleicht etwas happig, aber man kann auch auf die günstige E-book-Variante zurückgreifen. Ich bin auch schon neugierig auf die anderen Bücher und werde mich mal ein wenig mehr mit diesem Thema beschäftigen, solange ich noch Zeit dafür habe. Ich hoffe ich konnte euch einen guten Einblick in „Bachelor of Time“ geben!

Bis bald 🙂

P.S.: Das Buch wurde mir netterweise kostenlos zur Verfügung gestellt und ich habe dann hier und auf Instagram darüber geschrieben.

 

 

Vorklinik: Semester n° 2 und 3

Vor etwa einem Jahr habe ich meinen Erfahrungsbericht zum ersten Semester veröffentlicht. Seitdem habe ich natürlich weiterstudiert, jedoch kam viel dazwischen und nun kommen die weiteren Berichte, wenn auch etwas verspätet 🙂

Im zweiten Semester ging es direkt mit der Anatomie der inneren Organe los. Im Präparierkurs zum ersten Mal ein Herz in der Hand zu halten war wirklich faszinierend. Während im Prometheus beispielsweise die Lunge einem als Organ mit prächtiger Größe präsentiert wurde, war man im Präpsaal ziemlich darüber erstaunt, wie kompakt die Organe in Wirklichkeit sind (natürlich individuell unterschiedlich) und darüber verwundert, wie es denn möglich sei, dass so viele Nerven, Gefäße, Lymphknoten, Organe und deren Häute auf so engem Raum miteinander harmonieren können. Im Gegensatz zur Anatomie des Bewegungsapparats, lernt man hier endlich etwas mehr über die Organsysteme und deren Funktionalität. Hierzu habe ich standardmäßig den Prometheus benutzt, da ich die Abbildungen sehrDSC_0425-min mag. Generell empfehle ich es mit vielen Bildern zu lernen, und wenn man Lust hat auch ruhig mal ein paar Zeichnungen anzulegen, das hat mir bei der räumlichen Vorstellung sehr geholfen. Die Prüfer stehen nämlich sehr auf Topografie, und ohne Bilder kann man diese kaum lernen. Für gute Zusammenfassungen empfehle ich auch Endspurt oder Medilearn. Für die Zugfahrten hatte ich immer die Smartmedix-Lernkarten dabei, die fand ich immer super zum wiederholen und Facts auswendiglernen. Ich habe mir prinzipiell zu jedem Thema eigene Lernzettel angelegt, ich gehöre da auch zu den Leuten, die beim Schreiben lernen.Diesen Teil der Anatomie empfand ich im nachhinein als sehr angenehm, man konnte sich einfach von Organsystem zu Organsystem durcharbeiten. Der histologische Teil  hingegen war sehr groß. Als Nachschlagwerk habe ich den Lüllmann-Rauch gerne benutzt, ansonsten stand uns von unserer Uni ein Histologieskript zur verfügung und die dazugehörige Website mit mikroskopischen Bildern.

Im zweiten und dritten Semester hatten wir Biochemie und Physiologie, jeweils mit Praktika und Seminaren. Die beiden Fächer sind neben der Anatomie die großen und teilweise auch gefürchteten Parts der Vorklinik. Sie sind quasi die Fortsetzund der Chemie und Physik, nur tausend mal spannender. Anfangs war mein Respekt vor ihnen auch groß, so viel Stoff und diesmal muss man es auch noch verstehen mit Formeln und allem drum und dran. Aber eigentlich ist genau das das coole, denn es ist kein stures Auswendiglernen und wenn man den Inhalt versteht kann man ihn gleichzeitig viel leichter Abrufen und anderen Menschen erklären. Zur Physiologie: Im Prinzip lernt man hier physikalische Vorgänge der Zellen, Gewebearten und Organe. Dies kann man in viele Themengebiete unterteilen: Herz- und Kreislauf, Niere und Wasserhaushalt, Verdauungstrakt (GIT), Thermoregulation, Leistungs-, Neuro-, Muskel- und Sinnesphysiologie (um DSC_0428-minmal die wichtigsten genannt zu haben). Ich habe mich irgendwie immer geweigert hierfür ein richtiges Lehrbuch zu benutzen, da diese mich mit ihren 1000 Seiten eher eingeschüchtert haben. An unserer Uni waren der Silbernagl und der Schmidt-Lang Standard. Diese sind sicherlich als Nachschlagwerk gut geeignet, wenn mal das Kurzlehrbuch oder das Skript nicht ausreicht. Bei uns gab es auch ein sogenanntes Studentenskript, eine gute Zusammenfassung mit allem, was unsere Profs hören wollten. Wir mussten nämlich alle zwei Wochen für die Seminare 5-6 Referate vorbereiten und man konnte sich entweder freiwillig melden oder es wurden Namen gezogen. Ansonsten kann ich mal wieder Endspurt empfehlen. Für die Klausur habe ich mir dann die Smartmedix-Karten zum wiederholen gekauft. Ansonsten hatte ich meine Notizen für die Seminare und bei manchen komplizierteren Themen half im Notfall sogar YouTube. Am Ende konnte ich mich mit der Physiologie sehr gut anfreunden, man hat endlich verstanden wie der Körper funktioniert. Außerdem ist das Physiologiepraktikum auch ganz gut, um eigene Pathologien aufzudecken, bei mir war es das Auge-Praktikum, indem ich gemerkt habe, dass ich durch das Studium ziemlich kurzsichtig geworden bin.

Einen noch tieferen Einblick in die Vorgänge unseres Körpers kann die Biochemie liefern. Hier lernt man so ziemlich alles, was in den Zellen so an Stoffwechselwegen abläuft. Diesen sehr tiefen und logischen Einblick finde ich immer wieder auf’s neue faszinierDSC_0427-minend. Da kann man sich echt dumm und dämlich lernen, angefangen beim Citratzyklus, den man eventuell schon aus der Schulzeit kennt, bis hin zum Harnstoffzyklus ist alles dabei. An unserer Uni wurde viel Wert auf den Müller-Esterl gelegt, dessen Inhalte auch bei mündlichen Testaten gerne abgefragt wurden. Ich kam nicht immer mit dem Schinken klar, weshalb ich hier auch oft auf das Thieme Kurzlehrbuch zurückgegriffen habe. Zum wiederholen für die Klausur fand ich Medilearn sehr gut und auch die Smartmedix-Lernkarten. Generell hat es mir immer geholfen, die vielen Stoffwechselwege mehrmals aufzuzeichnen, das muss nicht mal schön aussehen, hilft aber ungemein. Auch hier gilt: nicht von der riesigen Stoffmenge einschüchtern lassen, irgendwann hat man da den Dreh raus und dann macht es sogar Spaß. Und was man spätestens im Biochemiepraktikum lernt ist das Pipettieren 😀

Was jetzt noch fehlt ist die Neuro- und Kopf-/Halsanatomie. Der mit Abstand komplexeste und größte Teil der Anatomie. Ich hatte diesen Kurs im 3. Semester parallel zur Neurophysiologie und einem Wahlpflichtfach (das wohl paradoxeste Wort aller Zeiten). Mein Fach Neurochirurgie passte hier ziemlich gut rein, auch wenn es ziemlich stressig war alle drei Sachen unter einen Hut zu bringen. Hier durfte man also im Präpkurs zum ersten Mal ein Gehirn in der Hand halten. Nach einigen Tagen wurde das Gerhin dann geteilt, zuerst im sogenannten Mediosagittalschnitt (quasi in der Mitte durch) und anschließend noch in Frontal- und Horizontalschnitten. Wir hatten also knapp 4 Wochen Zeit, um diesen großen Stoffbatzen zu lernen. Hier wurdDSC_0430-mine das Neuroanatomiebuch Trepel sehr geschätzt, wobei ich hier vor allem die Hirnnerven sehr gut erklärt fand. Auch der Prometheus durfte bei mir nicht fehlen, sowie auch Endspurt und Smartmedix. Was ich in der Neuroanatomie immer kompliziert fand, ist die räumliche Vorstellung aller Strukturen zueinander. Man lernt nämlich Großhirn, Zwischenhirn, Hirnstamm, Kleinhirn, Ventrikelsystem,  etc. jeweils als einzelne Lerneinheiten und ich hatte dann Schwierigkeiten in meinem eigenen Gehirn alles zu einem Gesamtbild zusammenzusetzen. Ich habe quasi den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr gesehen. Hierfür habe ich eine Website als hilfreich empfunden, die einem das Gehirn als 3D-Modell darstellt. Für mich war dieser Anatomieteil der faszinierendste und gleichzeitig der anspruchsvollste. Anfangs war ich durch diese Komplexität verunsichert, aber je mehr ich mich damit beschäftigt habe, desto einfacher und schöner wurde es. Für die tausend Schädeldurchtrittsstellen ist es hilfreich sich diese am Schädelmodell anzuschauen. Aber auch Prometheus hat hier gute Abbildungen und mit ein paar Merkhilfen ist auch das machbar.

Das hier sind die tollen Facetten der Vorklinik. Jedes mal auf’s neue dieses Gefühl der Faszination und gleichzeitig der Grund, wieso man noch um ein Uhr morgens am Schreibtisch sitzt und sich das alles antut.